Der kostenneutrale Tod des Lehrplan 21
Sehr geehrte Frau Ratspräsidentin, geschätzte Frau Regierungsrätin, Kolleginnen und Kollegen,
Wie in vielen Schulen wurde vor einigen Wochen auch in der Schule meiner Tochter ein Elternabend zur Einführung des Lehrplan 21 organisiert. Der Singsaal – von der Turnhalle abgesehen der grösste Raum in der Schule – war so eng bestuhlt wie noch nie und dennoch fanden nicht alle Eltern einen Sitzplatz. Der Schulleiter stellte den Lehrplan mit Hilfe der PowerPoint Präsentation vor, die vom Volksschulamt zur Verfügung gestellt wird und zeigte das Filmchen der PHZH zum kompetenzorientierten Lernen.
Dann war Zeit für Fragen. Für mich erstaunlich war, dass kein Elternteil Kritik am Lehrplan selbst übte, niemand fand, es gäbe zu viele Kompetenzen oder stellte die Kompetenzorientierung an und für sich in Frage – keiner der Kritikpunkte, die in der „Lehrplan vors Volk“-Abstimmung geäussert wurde, wurde eingebracht. Der Lehrplan 21, das merkte man an diesem Elternabend, stösst grundsätzlich auf Akzeptanz und Zustimmung.
Das heisst aber nicht, dass es keine Fragen gab: warum wurde bisher nur eine Lehrperson pro Schulhaus für Medien und Informatik ausgebildet? Was ist mit den anderen Lehrpersonen, die dieses Fach unterrichten? Warum wird der Lehrplan umgesetzt, wenn noch nicht alle Lehrbücher bereit sind? Wenn die Lehrbücher noch nicht da sind, wie bereiten die Lehrpersonen den Unterricht vor? Wenn jetzt der Unterricht kompetenzorientiert gestaltet wird, warum wurde die Benotung, die Überprüfung nicht angepasst, das gehört doch zusammen. Der Lehrplan 21 teilt die Schulzeit neu in drei Zyklen, die alten Stufen und der Zeugnisrhythmus wird aber beibehalten – wie passt das zusammen?
Diese und ähnliche Fragen haben die Eltern gestellt, Fragen, die auch in anderen Schulhäusern gestellt wurden. Fragen, die absolut berechtigt sind. Es waren Fragen wie diese, die zu der vorliegenden Einzelinitiative geführt haben und dazu, das einzelne Mitglieder unserer Fraktion sie unterstützt haben. Gerade weil diese Personen voll und ganz hinter dem Lehrplan 21 stehen, stellen sich diese Fragen. Den hinter ihnen allen steht eine grosse Frage: Wird hier eine gut, eine notwendige Reform geopfert, weil man nicht bereit ist, die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die es für eine gut vorbereitete Reform brauchen würde? Oder um es mit den Worten einer Mutter vom Elternabend zu sagen: Wird hier eine Reform halbpatzig umgesetzt um auf Kosten unserer Kinder Geld zu sparen?
Natürlich werden wir heute der Ungültigerklärung der EI zustimmen, aber die Fragen dieser Eltern bleiben bestehen: Warum wird eine Reform gestartet, wenn man noch nicht bereit ist? Warum werden einige Lehrmittel, wie das Lehrmittel für Ethik oder dasjenige textiles und technisches Gestalten erst 2020 fertig sein? Diese Fragen müssen von der Bildungsdirektion schlüssig geklärt und die Pendenzen schleunigst behoben werden. Sonst wird der neue Lehrplan nur halbpatzig umgesetzt und droht zu scheitern und das kann – so meine Hoffnung – die Bildungsdirektion nicht wollen. Oder?