Ist der Kantonsrat das Volk?
Eine Volksinitiative, die gar nicht das will, was sie zu wollen vorgibt, kann nur als eines Bezeichnet werden: Eine Mogelpackung!
«Schon wieder eine Initiative zur Bildung?» werden Sie sich vielleicht fragen, wenn Sie im Herbst das Stimmcouvert öffnen. Nach der abgelehnten Fremdsprachen-Initiative hat der Kantonsrat bereits das nächste Volksbegehren zur Bildung in Beratung, das somit im Herbst an die Urne kommt. Eine Initiative die nur mehr Bürokratie schaffen wird und nicht mehr Qualität bringt: im Gegenteil!
«Lehrplan vors Volk» heisst ihr Titel. Man könnte nun meinen, die Initiative verlange, dass alle Lehrpläne zwingend dem Volk vorgelegt werden müssen. Doch falsch gedacht. Zum einen betrifft die Initiative nicht alle Lehrpläne, um das Gymnasium geht es zum Beispiel nicht, zum anderen soll der Lehrplan vom Kantonsrat verabschiedet werden, nicht vom Volk. Dieses hätte nur das letzte Wort, wenn gegen den Entschluss des Kantonsrates ein Referendum ergriffen werden würde. Die Initiative verspricht etwas, das sie nicht hält: eine klassische Mogelpackung.
Das wirkliche Ziel der Initiative zeigt sich bei den Übergangsbestimmungen: «Lehrpläne, welche nach Einreichung der Volksinitiative beschlossen wurden, bedürfen der Genehmigung durch den Kantonsrat.» ist dort zu lesen. Lanciert wurde die Initiative im Frühjahr 2015, im Wissen, dass der Bildungsrat den Lehrplan 21 behandelt. Weil ein Lehrplan nicht erlassen wird, ohne in einer zeitaufwendigen Vernehmlassung die Meinung aller betroffenen Verbände und Parteien einzuholen, war klar: bis der Lehrplan 21 erlassen wird, dauert es noch, die Initiative ist schneller eingereicht. Es geht also nur um den Lehrplan 21 – die Initianten schlagen den Sack und meinen den Esel – somit auch hier: eine Mogelpackung.
Über all dies könnte man hinweg sehen, wenn der Inhalt gut wäre. Doch dem ist nicht so! Bisher wird der Lehrplan vom Bildungsrat erlassen. Einem Gremium aus 9 Personen – Expertinnen und Experten für Bildungsfragen aus Wirtschaft und Kultur sowie Vertretungen der Lehrpersonen – gewählt durch den Kantonsrat. Nach dem Willen der Initianten sollen sie den Lehrplan dem Regierungsrat nur vorschlagen, dieser soll ihn beschliessen und der Kantonsrat genehmigen: Eine Bürokratisierung, die die Bildung nicht verbessert, sondern verpolitisiert. Der Lehrplan gehört in die Hände von Experten und darf kein Spielball der Politik werden: Darum ein klares Nein zu dieser Mogelpackung!